YOGA und Krebs – passt das zusammen?

Interview mit Gaby Kammler

YSM: Wie hilfst du deinen Schülern in den YuK-Stunden mit emotionalen Belastungen umzugehen?

GK: Zunächst einmal arbeite ich ganz viel mit Affirmationen, d.h. positiven, bejahenden Sätzen. Die Anleitung einer bestimmten Meditation oder Visualisierung kann zum Beispiel durch konkrete Phasen von Chemotherapie und Bestrahlung tragen, wenn kaum eine Asana- Praxis möglich ist. Wir konzentrieren uns wirklich darauf, positive Gedanken und Gefühle zu kultivieren. Im Fokus stehen Reflexionen wie: Wie können wir Ängste reduzieren und Freude fördern? Wo liegen meine ureigenen Kraftquellen und wie mache ich sie für mich nutzbar?

YSM: Ist der spirituelle Ansatz für deine Schüler akzeptabel? Viele gesunde Schüler stöhnen ja schon beim gemeinsamen Om.

GK: Mir ist es wichtig zu betonen, dass jeder die Freiheit hat, individuell zu definieren, wo Selbstfürsorge beginnt und wie weit sie gehen darf. Wie immer im Yoga gilt: alles darf, nichts muss. Ich beobachte immer wieder, dass innerhalb des geschützten Raumes unserer YuKGruppen mehr und mehr Mut entsteht, das Leben nochmals neu zu betrachten: Wofür bin ich hier? Wie will ich nach der Erkrankung weiter machen? Was sind meine Stärken und Talente? Was könnte mir die Krankheit sagen?

YSM: Was bietest du an, wenn Menschen zu dir in die Stunde kommen, bei denen es nicht um die Aktivierung von Selbstheilungskräften geht, weil sie austherapiert sind und schlichtweg keine Heilung möglich ist?

GK: Gerade in der Palliativbegleitung werden die drei magischen „M“s als heilsam empfunden: Meditationen, Mudras, Mantras. Sie lenken den Fokus immer wieder auf das „Hier und Jetzt“. Das gibt Halt und begleitet Schritt für Schritt auf dem Weg in die größte Akzeptanz, die es im Leben anzunehmen gilt – nämlich unsere physische Endlichkeit.

YSM: Mittlerweile bietest du YOGAundKREBS® sogar als Weiterbildung für Yogalehrer an!

GK: Aus meinem Know-how über die westliche Schulmedizin und meiner Erfahrung als Yogalehrerin ist ein Gesamtkonzept entstanden, das Körper, Geist und Seele mit einbezieht und einen ganzheitlichen Blick auf eine Krebserkrankung ermöglicht. Die tägliche Arbeit mit Menschen mit Krebserfahrung, der intensive Austausch mit meinem Meditationslehrer in Indien und meine eigene Meditationspraxis haben mir geholfen, dieses Wissen immer weiter zu vertiefen. Nun will ich dieses Wissen auch an andere Yogalehrer weitergeben. Mein größter Wunsch ist zugleich die Vision meines Herzensprojektes: Jeder Mensch mit Krebserfahrung soll in seiner Nähe ein kompetentes YOGAundKREBS-Angebot wahrnehmen können, um sich in allen Phasen dieses Lebensabschnittes gut begleitet zu fühlen.

YSM: Du meinst den Aufbau deines deutschlandweiten Projekts #lasstunswasbewegen

GK: Genau! Ein Netzwerk, das sich gerne in den sozialen Medien verbreiten darf. Vor allen Dingen aber mein Appell an alle Yogalehrer – gleich welcher Schule und Philosophie sie folgen – diesen Weg zu gehen und durch die 40 Stunden Weiterbildung, die auch einmal jährlich in Travemünde stattfindet, diese wichtige Zusatzqualifikation zu erwerben. Die Begleitung von Menschen mit einer Krebserfahrung ist eine wunderbar erfüllende, dankbare Aufgabe. Ich wünsche mir, dass sich immer mehr Yogalehrer dafür engagieren und wir ein flächendeckendes Angebot schaffen können!

YSM: Vielen Dank für das Interview! Alles Gute für deinen Weg und deine weiteren Projekte

 

 

Gaby Kammler:
Gründerin von YOGAundKREBS® Köln und Yogalehrerin (Yoga Alliance RYT-200 sowie 500 h Advanced Teacher), y4c-zertifiziert (Yoga for Cancer) und Gastdozentin für das Thema „Yoga und Krebs“ . Gaby unterrichtet verschiedene Yogatraditionen, wie Sivananda und Ashtanga Yoga, Yin Yoga sowie Elemente aus dem Kundalini Yoga.